„Sie sollten idealerweise über 3-5 Jahre Berufserfahrung verfügen.“
Ein typischer Satz in einer Stellenanzeige.
Die Fragen, die sich jetzt stellen, sind folgende:
Ja, was jetzt? 3 oder 5 Jahre Berufserfahrung? Und ist das eine unverrückbare Voraussetzung oder wäre es nur wünschenswert?
Stellenanzeigen zu entschlüsseln ist oft gar nicht so einfach. Die Sprache und Abstufungen innerhalb verschiedener Jobanforderungen sind für viele Menschen zu Recht verwirrend.
Was ist jetzt eine absolute und nicht-dran-rüttelbare Voraussetzung und was ein zusätzliches Bonbon, welches das Unternehmen zwar nicht unbedingt braucht, aber auch noch gerne annimmt?
Und ist ein Bewerber auch dann für die Position geeignet, wenn er nur einen Teil der geforderten Qualifikationen mitbringt?
Diese Fragen werden uns öfter gestellt, weshalb ich sie nun gerne unter die Lupe und von allen Seite beleuchtet möchte.
Inhaltsverzeichnis
Hard Skills – ohne sie geht gar nichts
Unternehmen suchen Mitarbeiter, die möglichst genau auf die zu besetzende Stelle passen. Das erspart Einarbeitungszeit, Arbeit und damit Kosten.
Doch was sind eigentlich diese sogenannten „Hard Skills“?
Hard Skills werden in der Regel in folgende Cluster unterteilt:
Fach- und Berufskenntnisse, Fremdsprachenkenntnisse, Computerkenntnisse
Fach- und Berufskenntnisse:
Diese Qualifikationen erwerben Arbeitnehmer im Studium und/ oder in der Ausbildung und vertiefen sie im Berufsalltag. Berufsanfänger haben oft das Problem, dass sie zwar die nötigen Fachkenntnisse mitbringen, aber leider nur theoretisch und ohne Praxisbezug. Sollte das bei Ihnen der Fall sein, müssen Sie als Bewerber dann beweisen, dass Sie durchaus schon praktisch gearbeitet haben und Ihre diversen theoretischen Kenntnisse dabei anwenden konnten.
Fremdsprachenkenntnisse:
Bei Unternehmen die europaweit oder international tätig sind, steigen die Anforderungen an die Sprachkenntnisse der Mitarbeiter.
Oft ist hier keine perfekte Beherrschung der Sprache entscheidend, sondern die internationale Ausrichtung des Bewerbers. Wenn allerdings in einer Stellenanzeige bestimmt Sprachkenntnisse verlangt werden, wird meistens ein Niveau verlangt, welches Unterhaltungen (oder bei höheren Positionen auch Verhandlungen) am Telefon und den Schriftverkehr miteinschließt.
Computerkenntnisse:
Aus fast allen Unternehmen sind Standartprogramme wie Word, Excel und PowerPoint nicht mehr wegzudenken. Je nach Größe des Unternehmens und Branche werden allerdings oft noch weitere Software-Kenntnisse gefordert. Werden in der Stellenausschreibung PC-Kenntnisse explizit gefordert, über welche Sie nicht verfügen, sind Sie aber noch lange nicht aus dem Rennen. Oft reicht es aus, wenn Sie belegen können, dass Sie tägliche verschiedene andere PC-Programme benutzen und es deshalb kein Problem für Sie darstellt, sich schnell und selbständig in das neue Programm einzuarbeiten. Bei speziellen Programmen ist eventuell auch ein Weiterbildungskurs von Vorteil, welchen Sie privat absolvieren und dann anführen können.
Soft Skills – Teamfähigkeit, Flexibilität, Motivation, Engagement
Viele Wörter der sozialen Kompetenz tauchen in Stellenanzeigen immer wieder auf, wie „Teamfähigkeit“, „Flexibilität“, „Motivation“, „Engagement“, „Selbstverantwortung“, „Kommunikationsfähigkeit“ etc.
Die wichtigsten fünf Fähigkeiten lauten heutzutage:
- Teamfähigkeit
- Kunden- und Serviceorientierung
- Selbständiges Arbeiten
- Belastbarkeit & Kritikfähigkeit
- Lernbereitschaft
Diese Fähigkeiten sind deshalb wichtig, da die beruflichen Anforderungen immer weiter anwachsen und es heutzutage ineffektiv und fast nicht mehr möglich ist, die komplexen Aufgabenstellungen eines Jobs ohne Flexibilität im Umgang mit Kunden und Kollegen zu bewältigen.
Die explizit in der Stellenanzeige genannten Kompetenzen sollten Sie sich deshalb herausschreiben und in Ihrer Bewerbung widerspiegeln. Gut können Sie diese auch belegen, indem Sie Situationen benennen, in denen Sie diese Kompetenzen anwenden konnten. Der beste Beleg sind selbstverständlich immer gute oder sehr gute Zeugnisse vorrangegangener Arbeitsstellen, um Soft Skills zu belegen.
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Experten-Tipp
Unterscheidung „Muss“- und „Kann“-Qualifikationen
Für die Frage, auf welche Stellenanzeige es überhaupt lohnt sich zu bewerben, sollten Sie wissen, wie Sie die gewünschten Anforderungen des Unternehmens in “Muss“- und „Kann“-Qualifikationen unterteilen können.
Wenn Sie einen Großteil der „Muss“-Vorgaben nicht erfüllen können, hat Ihre Bewerbung wenig Aussicht auf Erfolg. Wenn Sie dagegen einige der „Kann“-Vorgaben nicht vorweisen können, kann deine Bewerbung trotzdem eine realistische Chance haben. Denn Unternehmen halten diese Kenntnisse nicht für unabdingbar bei der Besetzung der jeweiligen Stelle, sondern sehen sie eher als zusätzlichen Bonus an.
Doch was sind nun diese „Muss“- und „Kann“-Qualifikationen und wie können Sie sie erkennen?
„Muss“-Qualifikationen
Diese Anforderungen werden meistens von folgenden Phrasen begleitet:
- „Eine nachweisbar erfolgreiche Berufspraxis ist erforderlich.“
- „Der sichere Umgang mit XZ ist unabdingbar.“
- „XY ist ein wesentlicher Karrierefaktor.“
- „Kenntnisse in XYZ werden vorausgesetzt/ sind Voraussetzung.“
- „Es werden nur Bewerbungen berücksichtigt, bei denen XYZ Kenntnisse nachgewiesen sind.“
- „Sie verfügen über mindestens X Jahre Berufserfahrung.“
„Kann“-Qualifikationen
Für diese Anforderungen werden oft folgende Formulierungen gewählt.
- „XYZ-Kenntnisse wären ideale Voraussetzungen, aber Engagement und das Interesse, sich dieser neuen Aufgabe zu stellen, sind entscheidend.“
- „XYZ-Kenntnisse wären von Vorteil.“
- „Sie haben vorzugsweise bereits mehrjährige XYZ- und ABC-Erfahrung.“
- „Sie verfügen idealerweise über XYZ:“
- „Nach erfolgreicher Einarbeitung sind Sie in der Lage XYZ durchzuführen.“
- „Wenn Sie über XYZ verfügen, haben Sie die besten Voraussetzungen.“
- „Erfahrungen mit XYZ sind wünschenswert.“
Wenn Fähigkeiten unter „Kann“-Qualifikationen einsortiert werden, heißt das allerdings nicht, dass es dem Unternehmen egal ist, ob Bewerber diese Qualifikationen haben oder nicht, sondern sie werden nur nicht ganz so stark gewichtet, wie die „Muss“-Qualifikationen. Daher sollten Bewerber versuchen, auch für vorhandene „Kann“-Qualifikationen Anknüpfungspunkte zu finden und sie keinesfalls außer Acht zu lassen.
Vielleicht konnten Sie einige der „Kann“-Qualifikationen schon gewinnbringend einsetzen? Eventuell in weiter zurückliegenden Jobs? Oder in Praktika? Oder auch in privaten oder Studienprojekten?
Falls Sie bei den „Kann“-Qualifikationen tatsächlich keine Erfahrung haben, sollten Sie im Anschreiben deutlich machen, dass Sie ähnliche Fähigkeiten bereits besitzen und sich immer gerne und schnell in neue Aufgaben einarbeiten.
Im weiteren Schritt geht es darum, die gewünschten Qualifikationen wiederzugeben und diese zu belegen ohne dass Ihr Anschreiben so aussieht, als hätten Sie die Stellenanzeige einfach nur abgeschrieben oder umformuliert.
Die Möglichkeiten hierbei sind sehr vielfältig, aber es ist auch nicht ganz einfach.
Ein Beispiel aus dem Werk „Das große Bewerbungshandbuch“ von Püttjer & Schnierda, wird Ihnen verdeutlichen, was genau damit gemeint ist.
Wenn in einer Stellenanzeige angegeben wird „Erfahrung im Produktmanagement sind erforderlich“, könnten Sie natürlich folgendes schreiben:
„Erfahrungen im Produktmanagement kann ich durch …. nachweisen.“
Eleganter wird es allerdings, wenn Sie die Erfahrungen im Projektmanagement eher so ansprechen:
„Wesentliche Aufgaben meiner momentanen Tätigkeit sind die Rückmeldungen von Kundenwünschen in die Produktentwicklung und die Abstimmung von Verkaufsförderungsaktionen mit dem neuen Produktmanagement. An der Entwicklung und Markteinführung eines neuen Produkts war ich bereits in einer abteilungsübergreifenden Projektgruppe beteiligt.“
Hier wird deutlich gemacht, dass der Bewerber über die gewünschte Qualifikation verfügt, ohne diese explizit zu nennen. Allerdings sollten Sie natürlich trotzdem darauf achten Ihre Kenntnisse und Fähigkeiten so kurz und prägnant wie möglich zu formulieren, damit die Länge des Anschreibens eine Seite nicht überschreitet.
Aber was ist nun, wenn Sie einige der geforderten Qualifikationen nicht haben?
„Muss“-Qualifikationen, falls nicht vorhanden, sind schwer zu ersetzen, bei Kann-Anforderungen ist das etwas leichter.
Hier können Sie überlegen, ob Sie Qualifikationen bieten können, die der Arbeitgeber gegebenenfalls als gleichwertig ansieht.
Wenn beispielsweise SAP-Kenntnisse als „Kann“-Qualifikation gefordert sind, über welche Sie aber nicht verfügen, können Sie ggf. mit der Nennung anderer Tabellen- und Datenbankprogrammen punkten, welche von der Schwierigkeit her ähnlich angesiedelt sind.
Ihr Satz könnte also so aussehen:
„Die Arbeit mit den Tabellenkalkulations- und Datenbankprogrammen X und Y gehört zu meinen täglichen Aufgaben, weshalb ich mich sicher bin, mich auch in SAP schnell und eigenständig einarbeiten zu können.“
Damit signalisieren Sie, dass Sie auch diese Hürde mit Bravour nehmen werden.
Selbstbild des Unternehmens entschlüsseln
Zudem kann es bei der Interpretation der Stellenanzeige und für die anschließende passgenaue Formulierung eines Anschreibens äußerst hilfreich sein, das Selbstbild des Unternehmens zu entschlüsseln.
Hilfreich sind dazu folgende Fragen:
- Handelt es sich bei dem Unternehmen um einen Konzern? Oder um ein mittelständisches Familienunternehmen? Oder stammt die Stellenanzeige aus dem Bereich des öffentlichen Dienstes?
- Ist Ihr erster Eindruck der Stellenanzeige und des Internetauftritts eher modern oder eher konservativ? Eher sachlich oder dynamisch?
- Ist das Unternehmen auf bestimmte Produkte oder Dienstleistungen besonders stolz?
- Werden in der Stellenanzeige oder auf der Website bestimmte Marketing-Slogans verwendet?
Je nachdem wie ein Unternehmen sich präsentiert (modern, traditionell, konservativ, dynamisch etc.) können Sie das für die Anpassung Ihrer Bewerbungsunterlagen nutzen und Ihre Unterlagen dementsprechend aufbereiten.
Auch der Stil des Anschreibens kann dementsprechend angepasst werden.
Das Anschreiben für ein modernes, junges Start-Up sollte und darf kreativer ausfallen, als ein Anschreiben für ein großes, traditionelles Unternehmen oder bei einer öffentlichen Einrichtung, bei welchen eher sachlich auf die vorhandenen und gewünschten Qualifikationen eingegangen werden sollte.
Schlusswort
Ich hoffe diese Tipps helfen Ihnen dabei weiter Stellenanzeigen auf Jobbörsen zu verstehen und zu entschlüsseln und Ihre Bewerbungsunterlagen passgenau zu gestalten.
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg beim Schreiben Ihrer Bewerbung und auf Ihrem weiteren beruflichen Weg!
Falls Sie noch weitere Hilfe bei Ihrer Bewerbung benötigen, helfen wir Ihnen natürlich jederzeit gerne weiter!
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